Sonntag, 30. Dezember 2012
Zum neuen Jahr
Für alle, die noch KEINE Vorsätze fürs neue Jahr haben, wie wäre es damit:
Der Lächler
Ein Mann, der immer sehr mürrisch schaute, ohne dass es ihm bewusst war, ging eines Tages an einem großen Spiegel vorbei, sah sich – und erschrak. Er dachte, wenn mich alle Menschen so sehen, das ist ja furchtbar, ich bin ja gar nicht so mürrisch wie ich aussehe.
Er beschloss in diesem Augenblick mehr zu lächeln, natürlich fiel ihm das schwer. Er vergaß es immer wieder, deshalb klebte er sich an alle möglichen Orte kleine Zettel, auf denen stand: “Lächle einfach”.
Seine erste Lektion, die er lernen musste, nachdem er das Lächeln konnte: “Mein Lächeln irritiert die Menschen”. Lächelte er zum Beispiel eine junge Frau an, die neben ihm im Auto an der Ampel wartete, so schaute sie weg, weil sie sich angemacht fühlte. Lächelte er einen Mann an, so stieß er auch auf sonderbare Reaktionen, die er mit ernstem Gesicht nicht kannte.
Lächeln mit Blickkontakt irritiert die meisten Menschen, da beim Lächeln die Augen viel Energie ausstrahlen. So viel Energie wird nur bei Menschen ausgestrahlt, die sich sehr nahe oder vertraut sind, war seine Erkenntnis. Also versuchte er nicht mehr, zwanghaft einen Blickkontakt aufzubauen.
Seine zweite Erfahrung war viel besser. Saß er zum Beispiel in einem Café und lächelte so vor sich hin, ohne einen Blick zu suchen, so spürte er, dass die Blicke der anderen Gäste immer häufiger zu ihm wanderten. Er konnte auch die Gedanken spüren: Erst, “Das ist ein Verrückter”, dann “Ist er frisch verliebt?”, dann “Warum lächelt der immer”. Diese dritte Frage brachte bei den anderen ganz viele Gedanken ins Rollen.
Oft geschah nichts, aber manchmal sprach ihn jemand an und mit dem konnte er “Blickkontakt mit Lächeln” aufnehmen, ohne missverstanden zu werden. Er war nämlich seit seiner Entscheidung “lächle einfach” der glücklichste Mensch. Ich verrate euch noch etwas: Er kann sein Lächeln gar nicht mehr unterdrücken.
Eine ehrliche Frage: Lächelt Ihr in diesem Augenblick?
Von der Autorin Lena Lieblich
Labels: Dies und das
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